Sa., 27. Juli 2019, 3. Reisetag / 429 Tageskilometer / von Cambridge, Milton Country Park nach Gretna (Schottland), Campingplatz "Braids Caravan Park", (22 £ incl. Strom), Koordinaten: 54°59'47.9"N 3°04'22.5"W
Das laute Knirschen sich drehender Autoreifen auf Schotter weckt uns nach einer ruhigen Nacht um kurz nach acht Uhr morgens. Aha, die Schranke ist wieder geöffnet!
Ein Auto nach dem anderen füllt in Minutenschnelle den großen, verzweigten Parkplatz. Irgendein Lauf-Event scheint es heute zu geben, denn alle Autofahrer haben Laufkleidung an und eilen im Laufschritt in den Park. Um Haaresbreite nur werden wir nicht zugeparkt. Wir überlegen, uns hier schnell davonzumachen, damit genau dies nicht geschieht, doch kurz vor neun Uhr fahren keine weiteren Autos mehr vor. Wahrscheinlich ist Laufbeginn um neun Uhr.
Also bleiben wir doch noch hier, um in Ruhe zu frühstücken, auf den angrenzenden Parkarealen gibt es nach erster Sichtung auch noch genügend Parkmöglichkeiten, wir nehmen also keinem die letzte freie Parklücke weg.
Ein wenig später, es hat gerade ziemlich angefangen zu regnen (wie toll!) und wir bereiten gerade das Frühstück vor, klopft es zaghaft an die Womotür: eine schon recht durchnässte, nette, junge Dame mit einer großen Kladde unterm Arm fragt, ob wir hier übernachtet hätten, möchte gerne 5 £ Parkgebühren für den heutigen Tag haben (unser gestrig gezogenes Ticket ist für heute natürlich nicht mehr gültig), notiert nach Begleichung des Betrages unser Nummernschild und fragt, woher wir denn die Informationen hätten, dass wir hier stehen können (wahrscheinlich hat sie das auch die anderen paar Wohnmobilbesitzer gefragt, die hier genächtigt haben...).
Wir antworten wahrheitsgemäß mit unserer App Campercontact und zeigen ihr die App auf dem Handy. Der Park ist ja tatsächlich hier aufgeführt, als Stellplätze allerdings nur die beiden Parkmöglichkeiten vor der Schranke. Dass hier wohl immer mehr Womos auch hinter der Absperrung - also direkt auf dem Parkplatz - über Nacht stehen, ist wohl von der Parkleitung nur geduldet, aber nicht unbedingt erwünscht. Dennoch bleibt die junge Dame sehr freundlich, wünscht uns noch einen schönen Tag und zieht weiter.
Während des Frühstücks - es regnet weiter unablässig - beobachten wir, dass schon nach einer guten halben Stunde die ersten Läufer wieder bei ihren Autos erscheinen, triefend vor Nässe. Die Sportler, Damen wie Herren, steigen ein, fahren los und schon sind wir eine weitere Stunde später fast schon wieder die einzigen auf dem Platz. So viel Motivation fürs Laufen im Regen war dann wohl doch nicht da... Seltsames Ereignis heute Morgen... wie ein Schwarm Heuschrecken herangerauscht und jetzt schon wieder weg... (die Läufer hatten übrigens keine Parktickets hinter den Windschutzscheiben liegen...).
Von Cambridge nach York - eigentlich...
Wir machen uns uns um kurz vor halb zehn Uhr bei 18° Celsius und weiterhin Regen dann auch "vom Acker". Wir haben uns als Tagesziel York vorgenommen, etwa 300 km nördlich von Cambridge. Hier wollen wir einen Stellplatz etwas südlich der mittelalterlichen Stadt aufsuchen und uns die Stadt anschauen.
Doch wie immer ist man ja spontan mit seinem "Camper", denn es geht auf halb zwölf Uhr zu und es regnet immer noch "junge Hunde", ununterbrochen, kühler ist es auch noch: nur noch 16° Celsius. Aus Trotz haben wir dennoch kurze Hosen an... in Soest sind's laut Wetter-App wieder 31° Celsius, die Sonne brennt! Menno!
Auf der autobahnänlichen A1, der wir die ganze Zeit folgen, herrscht stellenweise schon Warnung vor Aquaplaning und mehr als einmal spritzen die Wasserlachen seitlich am Straßenrand durch unsere Reifen hoch auf.
Willkommen im englischen Dauerregen! Wir schalten die Heizung ein bisschen an... das mit den kurzen Hosen und T-Shirts war wohl doch zu optimistisch gedacht.
Um kurz vor ein Uhr lässt der Dauerregen nur für ein paar Minuten ein klein wenig nach, dafür stehen wir nun um Doncaster herum im Stau.
Wir beschließen spontan angesichts des mehr als bescheidenen Wetters, York buchstäblich rechts liegen zu lassen und weiter nach Norden "durchzurauschen", Schottland entgegen - unserem eigentlichen Urlaubsziel.
Wir tanken für 1,35 £/l und geben als nächstes Ziel Carlisle ein, die letzte größere westenglische Stadt, circa 16 km vor der schottischen Grenze. Wir wollen Schottland vom Südwesten aus beginnend erkunden. Nach kurzer Zeit nochmals Umorientierung: wenn wir schon bis Carlisle wollen, dann können wir auch noch "die paar Meter weiter" bis Schottland, genauer bis Gretna, unmittelbar hinter der Grenze. Hier liegt mit Gretna Green das frühere "Jugend-Heiratszentrum", denn nach schottischem Recht durften hier Minderjährige ohne Einwilligung der Eltern heiraten, was seit 1753 zu einer Flut von heiratswilligen jungen Menschen führte, erst aus England, schließlich aus ganz Europa.
Das wollen wir uns morgen, wenn das Wetter mitspielt, anschauen und dafür auf dem nur 1,5 km davon entfernten Campingplatz Braids Caravan Park nach zwei Nächten recht autarken Stehens unterkommen.
Während der gesamten Autofahrt über ziemlich genau fünfeinhalb Stunden hört es nicht eine Minute auf zu regnen, im Gegenteil: manchmal läuft der Scheibenwischer auf höchster Stufe, stellenweise umhüllt uns im Norden auf der A66 (die Landstraße als Querverbindung zwischen der östlich verlaufenden M1 und der westlich gelegenen M6, beide nach Norden führend) ein solcher Nebel, dass wir von der eigentlich schönen Landschaft mit weiten Wiesen und Feldern, durchbrochen mit den typischen englischen Steinmauern, kaum etwas sehen. Wie schade! Mittlerweile 13° Celsius...
Um exakt 16:02 Uhr passieren wir völlig unspektakulär die schottische Grenze, nur ein kleines, braunes Hinweisschild am linken Straßenrand und rechts die schottische Flagge an einem alten Grenzhaus kurz vor Gretna weisen uns darauf hin. Nur zwei Minuten später stehen wir vor den Toren des Campingplatzes, natürlich im strömenden Regen...
Unsere Befürchtung, der Platz mit seinen 60 Stellplätzen könnte an diesem Samstagnachmittag in der Ferienzeit an einem Touristen-Hotspot wie Gretna Green ausgebucht sein, bewahrheitet sich nicht. Der Platz ist eher leer als voll. Problemlos und freundlich bekommen wir einen Platz für 22 £ incl. Strom zugewiesen.
Da es immer weiter regnet - und das nach wie vor stark - schaffen wir es bis dato (es ist mittlerweile kurz vor halb sieben Uhr) noch nicht einmal, die nähere Umgebung zu Fuß zu erkunden, geschweige denn die kurze Strecke nach Gretna Green zu gehen und sich im "Heiratszentrum" umzusehen. Viel bewegt haben wir uns heute ja beileibe nicht.
Aber selbst mit unseren frisch imprägnierten Outdoorjacken verspüren wir zu einem Erkundungsgang im strömenden Dauerregen keine Lust.
Lieber machen wir uns einen Tee (gibt es bei den Schotten eigentlich auch die Tradition des Five O' Clock Tea?) und planen unsere nächsten Tage per Reiseführer, Landkarte und Info-Material aus der Rezeption. Auch dieser Blog hier kann in aller Seelenruhe und Ausführlichkeit formuliert werden.
Mal sehen, was der weitere Abend wettermäßig noch so bringt.