Sa., 5. August 2017, 14. Reisetag / null Tageskilometer / Campingplatz “Venezia Camping Village”, Mestre-Venedig
Obwohl der Stellplatz eigentlich recht schattig ist, war die vergangene Nacht wieder eine der wärmsten. Man weiß schon nicht mehr, wie man liegen soll, ohne alles vollzuschwitzen, bei um die 30° Celsius. Nur die Tatsache, dass einen draußen die Mücken “zerfressen”, hält uns vom Schlafen unter freiem Himmel ab. Dabei ist der Platz hier so schön ruhig! Wegen der Wärme ist die Nacht auch früh zu Ende, schon um kurz vor acht Uhr stehen Herr und Frau Fernschreiber auf und auch die Töchter sind früher wach als gewohnt.
Nach dem Frühstück brechen wir um kurz vor elf Uhr auf. Heute soll’s noch mal für einen Tag nach Venedig gehen. Sieben Minuten später sind wir an der Bushaltestelle, doch hier müssen wir eine Viertelstunde warten, ein Bus ist gerade abgefahren. Macht nichts, wir haben ja Urlaub und deswegen Zeit, obwohl das Warten an der Straße bei heutigen 33° Celsius auch nicht gerade eine kühle Angelegenheit ist.
Der beste Freund in diesen Tagen ist die Wasserflasche, die (nicht nur) wir ständig mit uns herumtragen und auch ab und zu an öffentlichen Wasserstellen wieder auffüllen - in der Hoffnung auf genießbares Trinkwasser…
Um 11:27 Uhr kommen wir nun ein zweites Mal am Busbahnhof "Piazzale Roma" an, in einem wiederum sehr vollen Bus; aber die Fahrt dauert ja nur zwölf Minuten und führt die überwiegende Zeit über die schnurgerade "Freiheitsbrücke" ("Ponte della libertà") der Lagune, da ist das Stehen im Bus auch nicht so tragisch.
“Um die Ecke” vom Piazzale Roma, von der Brücke "Ponte di Calatrava" mit dem gläsernen Geländer aus, sehen wir eines der roten Sightseeing-Boote Hop On-Hop Off liegen, die wir gestern schon an verschiedenen Stellen für eine Wasserrundfahrt gesichtet haben. Wir laufen die kurze Strecke über die Brücke und kaufen in einem Restaurant die Tickets. Hier haben wir Glück, der Kinderpreis gilt bis fünfzehn Jahre, so dass wir zwei Erwachsenen je 20 € und die beiden Töchter je 10 € zahlen. Für also insgesamt 60 € haben wir nun die Möglichkeit, für vierundzwanzig Stunden nach freier Wahl an sieben Stationen aus- und einsteigen zu können, wie wir möchten.
Die Stationen sind natürlich der Markusplatz, der Lidostrand, die Glasbläserinsel Murano, der Hafen mit den Kreuzfahrtschiffen und noch einige andere. Man kann auch die ganze Zeit sitzen bleiben und wäre dann in zweieinhalb Stunden mit der Besichtigungsfahrt fertig, doch natürlich nutzt man auch die Gelegenheiten zum Ausstieg. Dieses ganze Angebot erscheint uns auch nicht zu teuer angesichts des Preises beispielsweise für eine Fahrt mit der Gondel für 80 € pro Person…
Wir haben bis zur Abfahrt an Station eins, an der wir uns gerade befinden, noch eine knappe Stunde Zeit, das Boot startet um halb eins, und diese Zeit verbringen wir mit Bummeln an den Kanälen entlang und in den Geschäften rund um den Piazzale Roma.
Das Boot, etwas größer als ein Vaporetto, ein Wassertaxi, ist pünktlich und los geht die Fahrt über die vielen Wasserstraßen und Kanäle der Lagunenstadt. Zunächst steuern wir die “Stazione Marittima” an, dort liegen die riesigen Kreuzfahrtschiffe, die für ein kurzes Zeitfenster ihre Passagiere in Venedig “ausspucken”, diese dann im Eiltempo durch die Stadt “jagen”, um ein paar Stunden später wieder an Bord zu müssen. Da loben wir uns doch unsere Unabhängigkeit! Aber interessant ist es natürlich schon, mit unserem im Vergleich winzigen Boot zwischen den schwimmenden Hotels hindurchzuschippern.
Danach geht's auf dem Wasserweg zum Markusplatz, an dem wir nicht aussteigen, ihn aber natürlich von der Wasserseite aus -zigfach im Bild festhalten; eine großartige Kulisse im strahlenden Sonnenschein. Die Seufzerbrücke neben dem Dogenpalast, über die die Verurteilten ins Gefängnis nebenan gehen mussten, liegt leider gerade im Schatten des Palastes und ist vom Schiff aus nicht optimal zu sehen. Vielleicht kommen wir später noch mal zu Fuß dorthin, wenn wir erneut den Markusplatz besuchen wollen.
Zunächst wollen wir nach Murano, zur Glasbläserinsel, passieren aber zuvor noch den Lido-Strand, wo allerdings keiner das Boot verlassen will, im Gegensatz zu Murano. Auf diese Insel lagerten aus Angst vor Bränden, die durch die Glasöfen entstehen konnten, die Venezianer einst im 13. Jahrhundert ihre Glasproduktion aus. Murano-Glas wurde über Jahrhunderte als das kostbarste Glas der Welt gehandelt und den Glasbläsern drohte die Todesstrafe, wenn sie das Geheimnis der Glasherstellung verrieten.
Eine Stunde verbringen wir auf der im Vergleich zu Venedig ruhigen und beschaulichen Glasbläserinsel, was allerdings auch an der Mittasgshitze um zwei Uhr liegen kann…
Wir schauen einem Glaskünstler bei seiner schweißtreibenden Arbeit zu (fotografieren verboten!), der mit nur wenigen Hilfsmitteln wie einem überaus heißen Ofen, Blasrohr, Zangen und “Rolltischen und -bänken” aus zähflüssigem Glas und vielen Arbeitsschritten letztlich tolle Kunstwerke schafft, die dann auch in den zahlreichen Souvenirläden zu bewundern und zu kaufen sind. Wobei dort meist in Serie hergestellte Glasprodukte zu finden sind; die wirklich indiviuell angefertigten Werke der Glaskünstler werden in Glasgalerien ausgestellt und angeboten.
Bald schon ist die Stunde herum, doch länger wollen wir auch nicht bleiben, dazu reizt uns Venedig doch zu sehr. Um viertel vor drei Uhr legen wir wieder Richtung Venedig ab, fahren erneut am Markusplatz und Dogenpalast vorbei und steigen nun am Uferkai Zattere aus, um hier erst mal Pizza und Makkaroni zu essen, direkt am Wasser der Lagune auf einer Restaurantterrasse. Hier ist man nicht am Markusplatz, nur in seiner Nähe, zahlt aber für das Gedeck schon jeweils 3 € pro Person, also 12 € nur dafür, dass Messer und Gabel auf dem Tisch liegen… Aber das ist in Italien ja so üblich, nur hier in Venedig eben dreimal so teuer... Dennoch, das Essen ist sehr lecker und die drei bestellten großen Wasserflaschen sind flugs leer bei der Hitze.
Nach dieser “Mittagspause” gehen wir von Zattere aus an der Galleria dell' Accademia vorbei, passieren die letzte noch aktive kleine Gondel-Werft ("Squero"), überqueren abermals den Canal Grande und schlendern durch viele kleine Gassen, die von den Venezianern ganz streng je nach Lage (am Kanal entlang oder von ihm weg- oder hinführend), Breite und Bedeutung (an Palästen vorbei) unterschiedliche Bezeichnungen bekommen. Wir gehen über kleinere und größere Plätze und an schmalen Kanälen entlang zu Fuß zur Piazza San Marco, um hier, am bekanntesten Ort Venedigs, wiederum eine Zeitlang zu verweilen.
Es ist nun tagsüber, gegen fünf Uhr, noch deutlich voller als gestern Abend. Kleine musikalische Ensembles aus Geigern, Pianisten, Cellisten an manchen Restaurants und Cafés möchten für eine “gediegene” Atmosphäre inmitten der unzähligen Touristen mit ihren Selfie-Sticks und Flip-Flops sorgen. Ein etwas kurioses Bild… Für Ordnung und weniger Dekadenz bei manchen Touristen sorgen Ordnungshüter, die zum Beispiel die reihenweise auf den flachen Steinstufen sitzenden Besucher freundlich zum Aufstehen auffordern, insbesondere gegenüber des Dogenpalastes. Dass man / frau Kirchen aus Achtung religiöser Orte nicht mit entblößten Schultern oder freien Knien besuchen sollte, ist manchem Touristen scheinbar auch noch nicht bekannt...
Die "gediegene" Atmosphäre lässt sich allerdings im berühmten und ältesten Kaffeehaus Italiens, im 1720 erbauten "Caffè Florian" unter den Arkaden der Prokuratien gut nachvollziehen. Wir werfen einen Blick hinein und staunen über die vergoldeten, mit Gemälden übersäten Wände, die mit rotem Samt überzogenen Stühle, auf denen einst auch Honoratioren wie Goethe und Balzac Platz genommen haben, und gehen weiter in dem Wissen, dass man hier nicht nur für einen Kaffee astronomische Preise bezahlt, sondern auch für die Live-Musik unter den Arkaden, gewollt oder nicht. Wir hätten es allerdings auch wie die Einheimischen machen können; die trinken ihren Kaffee oder Espresso stehend an der Theke des Cafés, für einen Bruchteil der Summe. Doch daran haben wir in diesem Moment nicht gedacht.
Aber sehenswert ist es allemal, das Kaffeehaus mit der morbiden, bröckelnden Fassade.
Wir machen uns nun langsam zu Fuß auf den Rückweg, denn wir wollen die “Ponte di Rialto”, die ja recht zentral in Venedig liegt und von “unserem” Sightseeing-Boot nicht angefahren wird, noch einmal bei Sonnenschein sehen; gestern Abend lag sie schon fast im Schatten. Auch hier bleiben wir noch eine Weile, schießen Fotos und gehen dann langsam quer durch Venedig wieder zum Piazzale Roma, zum Busbahnhof, zurück.
Am Busbahnhof angekommen, sehen wir prompt einen Bus der Linie 19, die wir neben der Linie 5 auch nehmen können, am Bussteig stehen und schon sind wir drin, im Bus, um genau 18:31 Uhr. Wir haben zwar wiederum keine Sitzplätze, aber so voll wie gestern am späteren Abend ist der Bus nicht, wie schön!
Nur zehn Minuten später sind wir wieder in Mestre an unserer Haltestelle und um viertel vor sieben Uhr am Womo. Wenn wir Socken angehabt hätten, hätten die jetzt “gequalmt”, aber auch so tun uns jetzt ganz schön die Füße weh, obwohl wir ja auch recht viel mit dem Schiff gefahren sind, aber Venedig als “Fußgängerzone” ist dann doch noch recht groß, da tut die anschließende Dusche mal wieder so richtig gut…
Eineinhalb Tage für diese weltberühmte UNESCO-Weltkulturerbestadt sind eigentlich zu wenig, aber im Vergleich zu den vielen Tagestouristen, die oft nur ein paar Stunden bleiben, haben wir schon einiges gesehen, andererseits hält uns ehrlicherweise die große Hitze tagsüber von weiteren Stadtbesichtigungen ab und vor dem Dogenpalast war uns die Warteschlange einfach zu lang...
Venedig, "La Serenissima" (die "Durchlauchtigste"), ist großartig, aber der Gardasee hat das schönere Wasser, und dahin wollen wir morgen zurück.