Highclere Castle - das "wirkliche Downton Abbey"

Do., 13. April 2017, 7. Reisetag / 189 Tageskilometer / von Abbey Wood (London) nach Kingsclere, Newbury (Yew Tree Farm, CL 738, Koordinaten: 51.3254396,-1.2359865)

Und weiter geht's mit dem Womo durch Englands Städtchen
Und weiter geht's mit dem Womo durch Englands Städtchen

Nach den beeindruckenden dreieinhalb Tagen in London ziehen wir nun weiter, den Süden Englands erkundend.

Unser papierner Reiseführer über Englands Südküste und Cornwall zeigt uns, dass das Schloss der bekannten englischen Serie "Downton Abbey" nur ungefähr zwei Stunden oder 157 km entfernt von uns liegt.

Da "wir drei Mädels" der Serie durchaus etwas abgewinnen können (wir besitzen alle sechs Staffeln...), liegt ein Besuch des Schlosses nahe, nicht nur räumlich gesehen.

Natürlich heißt das Schloss nicht wirklich "Downton Abbey", sondern es ist das Highclere Castle, und es wohnen auch nicht Graf und Gräfin von Grantham dort, sondern Besitzer ist heute George Herbert, 8. Earl of Carnavon, dessen Vater mit Königin Elizabeth II. freundschaftlich verbunden und derjenige war, der sich um ihre Rennpferde kümmerte. So ist es auch nicht verwunderlich, dass die Monarchin mehrmals im Highclere Castle zu Besuch war. Und wir nun auch bald...

Wir verlassen also gegen halb zwölf Uhr nach Ver- und Entsorgung unseren mittlerweile liebgewonnenen Platz in Abbey Wood Richtung Highclere Castle, das westlich von London liegt. Wir befinden uns jedoch östlich der City und wollen diese südlich umfahren, damit wir uns mit dem Womo nicht mitten durch die Hauptstadt quälen müssen. So weit, so gut. Doch scheinbar denken viele andere Menschen heute auch so, denn unser Navi meldet für die südliche Umgehungsautobahn und Zubringer zur M 25 fast eine halbe Stunde Stau. Müssen wir eben durch, im wahrsten Sinne des Wortes. Sehr viele andere Möglichkeiten gibt es um London herum gar nicht so sehr.

So stürzen wir uns bei 13° Celsius und bewölktem Himmel, durch den manchmal die Sonne lugt, am heutigen Gründonnerstag ins Verkehrsgetümmel.

Um viertel nach drei Uhr sind wir endlich am Highclere Castle, das - umgeben von einer riesigen Parkanlage - schon eindrucksvoll, aber bei näherer Betrachtung insgesamt ein wenig heruntergekommen erscheint.

Nichtsdestotrotz ist der Besucherstrom ungebrochen. Ganze Busladungen werden "ausgespuckt", der Parkplatz auf der grünen Wiese etwas abseits der Anlage ist selbst zu dieser Uhrzeit noch gut gefüllt. 

Wir hatten diesen Besuch gar nicht lange geplant, sondern sind nach unserem London-Aufenthalt eher spontan hierhergefahren, ohne Ticket-Vorbestellung und ohne dem Wissen, ob das Schloss überhaupt geöffnet hat. Im Nachhinein stellen wir fest, dass wir richtig Glück gehabt haben: Manchmal sind Tickets zum gewünschten Zeitraum nicht mehr verfügbar oder das Schloss ist gar nicht zu besichtigen, weil es nämlich nur an etwa 60 Tagen im Jahr geöffnet ist.

Wir aber sind nun für 40 £ Eintritt Innenbesichtigung des Schlosses und der Parkanlage dabei, ein echtes englisches Herrenhaus im Neo-Renaissance-Stil kennenzulernen, das diesen Besucheransturm aber wirklich nur der Verfilmung von "Downton Abbey" zu verdanken hat. Von 2010 bis 2015 wurde hier die Serie gedreht, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, das Leben einer Adelsfamilie mit ihrem Personal im Zeitraum von 1912 bis Ende 1925 bis in kleinste Kleinigkeiten so originalgetreu wie möglich abzubilden. Politische Umbrüche und persönliche Schicksale bestimmen die Handlungen zu gleichen Teilen in der Oberschicht wie auch beim Personal. Diese Vielfalt in der Betrachtungsweise und umfassende Darstellung dessen, in welch gegenseitiger Abhängigkeit zwischen den Ständen gelebt wird, macht diese Serie so überaus facettenreich und kurz nach ihrer Erstausstrahlung 2011 avancierte sie zur erfolgreichsten englischen Serie.

 

So "stürmen" wir den Familiensitz der fiktiven Adelsfamilie Graf Robert und Gräfin Cora von Grantham mit ihren drei Töchtern Lady Mary, Lady Edith und Lady Sybil sowie den Bediensteten Butler Charles Carsons, Thomas Barrow und John Bates als Kammerdiener, Anna Smith als oberstes Hausmädchen und den vielen anderen Mitwirkenden.

 

Während wir so durch die Räume des Erdgeschosses und der ersten Etage schlendern, wird deutlich, dass insbesondere unsere Fernschreiber-Töchter das Durchschnittsalter der vielen (weiblichen) Besucher schon merklich senken, was unserem Interesse aber keinen Abbruch tut. Jeder Raum ist wirklich so eingerichtet, wie er in den Verfilmungen zu erkennen war, sei es beispielsweise die Bibliothek mit den zwei gegenübergestellten roten Sofas am Kamin oder die große Empfangshalle, in der sich in der Serie alle Bewohner des Schlosses versammelten, als Lord Grantham mit einem Radio, diesem vor allem von Butler Carsons argwöhnisch betrachteten "neumodischen Kram", ankam, um die Rede des Königs verfolgen zu können.

 

In jedem der für die Besucher zugänglichen Räume (insgesamt gibt es circa 300 und nur ein Bruchteil davon ist "vorzeigbar") gibt es "Wachpersonal", das für Fragen und Erklärungen rund um die Serie, aber vor allem für die Vorstellung der wirklichen Bewohner des Schlosses - Earl und Countess von Carnavon, die das Schicksal ihres Wohnsitzes in Zeiten nach Downton Abbey sehr beschäftigt - zur Verfügung steht. Außerdem wird penibel darauf geachtet, dass keine Fotos von den Räumen gemacht werden, warum auch immer, noch nicht mal ohne Blitzlicht. Ist schade, immerhin haben wir ja auch nicht zu wenig Eintritt für den Besuch bezahlt. Na ja, das Internet zeigt schon Innenaufnahmen, hier aber meist von Journalisten, die für ihre Magazine über das Schloss und seine Geschichte berichten, und die hatten bestimmt eine Erlaubnis...

 

Ist schon beeindruckend, durch so einen Herrensitz zu gehen, der in den vorzeigbaren "Gemächern" trotz der historischen Distanz und räumlichen Größe stellenweise richtig gemütlich eingerichtet ist. Während in den "mondäneren" Räumen des Erdgeschosses viele Bilder von den Dreharbeiten und Fotos von den wahren Bewohnern des Schlosses und ihrer oft hochkarätigen Gäste zu sehen sind, liegen neben den King Size-Betten in den volleingerichteten Schlafräumen des ersten Obergeschosses Magazine wie "National Geographic" oder "Horse & Hound" aus. Dazu Wasserflaschen und Gläser für die kleine Erfrischung zwischendurch. Kurzum: Es sieht bewohnt aus und dies oft noch mit Wiedererkennungswert aus "Downton Abbey".

Kurzzeitig überlegen wir, ob man sich quasi als "Hotelgast" hier einbuchen kann, doch nach ein wenig Recherche wird deutlich, dass es seit 2015 zwar auf dem Gelände des Schlosses ein (recht durchschnittlich ausgestattetes) Hotel gibt, man aber als "Normalbürger" nicht im Schloss übernachten kann. Das ist tatsächlich den Besitzern, also den Carnavons, vorbehalten. Während der Dreharbeiten zu "Downton Abbey" zogen sie in ein Nebengebäude des Schlosses um.  

 

Nach der Innenbesichtigung des Castles schlendern wir noch eine Weile durch die weitläufige und teilweise sehr gepflegte Parkanlage. Selbst mit Aufsitzrasenmäher dauert es bestimmt so seine Zeit, bis der Rasen wieder kurz ist und auch um die vielen Sträucher, Büsche, Blumen und Rabatten muss sich ja gekümmert werden. Kein Wunder, dass der Beruf des Schlossgärtners - zumal in früheren Zeiten mit weniger technischer Finesse - zumindest von Frühjahr bis Herbst ein "Fulltimejob" war.

 

 

Um viertel nach fünf Uhr sind wir nach diesem Ausflug in die englische Adelswelt wieder am Womo und müssen uns nun der bürgerlich "schnöden" Suche nach einem Übernachtungsplatz widmen. Wir studieren mit Handy, Handbuch und Karte die Certificated Locations in der Nähe und steuern eine knappe halbe Stunde später den ersten ausgewählten CL ein paar Kilometer weiter an, kontaktieren die Farmer quasi vor deren Haustür stehend per Telefon, erfahren aber, dass der Platz leider belegt ist. 

So fahren wir noch ein wenig weiter - CL's gibt's in der Gegend glücklicherweise genug - und haben um kurz vor sieben Uhr abends beim zweiten Platz in der Nähe von Newbury mehr Erfolg. 

Ohne vorheriges Telefonat versuchten wir hier unser Glück und klingelten nach Auskundschaften des Platzes direkt bei den Farmern an. Nach einem sehr netten Gespräch mit der Farmersfrau und ihrer kleinen Tochter stehen wir nun für 10 £ ganz alleine, aber in Nachbarschaft eines gutmütigen und zutraulichen Ponys auf der großzügigen Wiese.

Hier gibt es keinen Strom, den wir aber dank unserer 2 x 90 Ah Aufbaubatterien mit Ladebooster auch nicht brauchen. Die Batterien sind randvoll und Ver- und Entsorgung sind vorhanden. Alles paletti! Unsere erste nicht vorgebuchte Nacht auf einem CL nach unserem Aufenthalt in London hat trotz des bevorstehenden Osterfestes letztlich noch gut geklappt.