So., 31. Juli 2016, 9. Reisetag / ca. 80 Tageskilometer / von Varberg (Provinz Halland), Stellplatz am Hafen zum Askim-Strand
(Camping Liseberg) kurz vor Göteborg (Provinz Halland), Koordinaten: 57.6273083,11.9180231
Unser heutiges Ziel ist Göteborg. Irgendwo in der Nähe wollen wir unterkommen, um uns ab morgen die nach Stockholm zweitgrößte Stadt Schwedens anschauen zu können. Uns schwebt vor, vom Stellplatz aus mit öffentlichen Verkehrsmitteln direkt nach Göteborg hineinzufahren, um dem Stress von "Großstadtgekurve" und geeigneter Parkplatzsuche mit dem Womo zu entgehen.
Wir verlassen also wie gewohnt am späteren Vormittag gegen halb zwölf Uhr den Hafen von Varberg und fahren weiter die Küste entlang Richtung Norden.
Obwohl Frau Fernschreiberin auch sehr gerne mit dem Womo fährt und wir uns vor allem bei längeren Tagesetappen mit dem Fahren abwechseln, hat es sich auf kürzeren Strecken so eingeschlichen, dass Herr Fernschreiber meist am Steuer sitzt und die Göttergattin für die Navigation inklusive Aussuchen von Zwischenzielen verantwortlich ist.
Dabei vermeiden wir so oft es geht die großen Straßen, gar Autobahnen, weil wir ja möglichst viel vom Land sehen und spontan da anhalten wollen, wo es uns gefällt.
Heute zum Beispiel ist dies ein kleiner Rastplatz an einer Bucht, in der bei relativ starkem Wind sehr viele Kite-Surfer auf dem Wasser sind und mit ihrem Schirmen bunte Farbtupfer am Himmel bilden.
Überhaupt spielen unsere Reiseführer und auch die promobil-App natürlich eine für uns unverzichtbare Rolle nicht nur in der Vorbereitung einer Reise, sondern auch in der aktuellen Urlaubssituation vor Ort. Da werden die Informationen meist am Abend oder auch während der Fahrt noch mal alle hin- und hergewälzt, manchmal lassen wir uns aber auch einfach nur in eine grobe Richtung treiben und uns von den Gegebenheiten vor Ort beeinflussen. Das ist ja das Schöne am Womo-Urlaub: die völlige Freiheit in der Planung!
Rund 40 Kilometer südlich von Göteborg liegt auf Höhe Kungsbacka das wirklich sehenswerte Schloss Tjolöholm (Koordinaten: 57.3983757,12.101832) mit seinen großzügig angelegten Gärten. Dieses Zwischenziel haben wir uns nach Lektüre des Reiseführers ganz bewusst ausgesucht, das im englischen Stil erbaute Schloss wollen wir uns nicht entgehen lassen.
Um ganz genau zu sein, ist heutzutage der Tudorstil zu sehen. Das Schloss wurde jedoch ursprünglich mal von König Waldemar II. von Dänemark 1231 erbaut, erfuhr viele Besitzerwechsel und Umbauten und erhielt sein jetziges Aussehen von 1898 bis 1904, in einem Stil, der die letzte Periode des englischen gotischen Stils im Übergang zur Renaissance kennzeichnet, eben der Tudorstil.
Aber so genau wollen wir es eigentlich gar nicht wissen, sondern wir lassen uns als relative "Baukunst"-Laien einfach von der beeindruckenden, ungewöhnlichen Architektur in dieser Landschaft begeistern und genießen auch hier den Umstand, dass es nicht allzu voll ist. Nur als ein Reisebus mit Japanern ankommt, wird es zeitweise ein wenig unruhiger und hektischer. Aber da die meisten Asiaten ja in der knapp bemessenen Zeit ihres Aufenthaltes in Europa immer nur fix ihre Selfies vor der jeweiligen Kulisse machen und schnell wieder verschwunden sind, im Eilschritt hin zum nächsten Ziel, haben wir bald schon wieder "majestätische Ruhe".
Knapp zwei Stunden bleiben wir auf dem Schlossgelände. Eine Führung durch das Schloss buchen wir nicht, dazu sind die Besuchszeiten für uns zu ungünstig, wir bleiben lieber draußen und schlendern durch "Skandinaviens englischsten Park", wie es die Website des Schlosses verkündet. Die Gärten ziehen sich bis hinunter ans Wasser des Kungsbackafjordes und Bänke laden zum Ausruhen, Genießen und Picknicken ein, während Herr Fernschreiber - natürlich - noch mal loszieht, um einen in der Nähe befindlichen Cache zu heben.
Im Anschluss schauen wir uns noch den Kräutergarten und die Stallungen und Remisen an, in denen eine ganze Menge unterschiedlichster Kutschen stehen, statten dem Museumsshop einen kleinen Besuch ab und sind gegen drei Uhr wieder am weitläufigen Parkplatz, wo unser Womo auf uns wartet.
Allerdings geht es noch nicht unmittelbar weiter, erst essen wir noch eine Kleinigkeit und - vor allem - entdeckt Frau Fernschreiberin hier am Parkplatzrand GINSTER! Juchhhuu!
Hääää? Wie meinen? Um diese Freude zu verstehen, muss man erstens begeisterter Geocacher sein und zweitens trotzdem länger zur Erklärung ausholen... Unter den vielen schon zu Hause für Schweden gespeicherten Caches gibt es auch einen sehr seltenen, da alten Cachetyp, den virtuellen, bei dem es ähnlich wie beim Earthcache keine reale Dose in der Landschaft zu finden gilt, sondern man Aufgaben lösen muss und die Lösung per Mail an den Owner, also Besitzer, des Caches schickt, der die Logfreigabe erteilt.
Hier brachte uns die Aufgabe der schwedischen Owner eine schöne Geschichte der Schweden näher: Jede schwedische Provinz besitzt ihre eigene, typische "Landschaftsblume", die "Landskapsblommor". Sie steht stellvertretend für das Gesicht der Gegend, welche diese Blume prägt, dies ist zum Beispiel für die Provinz Västergötland "Ljung", das Heidekraut oder Erika, für Småland "Linnea", das Moosglöckchen und so weiter und für die Provinz Halland, wo wir uns just befinden, eben Hårginst, der behaarte Ginster.
Dies muss man also zunächst mal wissen und dann noch die entsprechende Pflanze finden und bestimmen, und zwar in der richtigen, eben zugehörigen Provinz. Dabei sind die Owner sehr streng und lassen keine abgepflückten oder gekauften Blumen gelten, was ja auch Sinn macht und nachvollziehbar ist. Zum Nachweis, wo man die Landskapsblommor gefunden hat, dienen per Foto die Koordinaten, ablesbar vom GPS-Gerät. Dieses Foto wird ebenso per Mail verschickt.
In dem Wissen um diese herausfordernde Cache-Aufgabe suchen wir schon seit Urlaubsbeginn nach den typischen Landskapsblommor und halten ständig nach, in welcher Provinz wir uns denn gerade befinden. Also langweilig wird einem mit Geocaching eigentlich nie...
Das hat auch den schönen Nebeneffekt, dass wir - wo immer wir auch sind - die Augen ganz bewusst in die Landschaft lenken und viele unterschiedliche Pflanzenarten kennenlernen.
So wird nun eine Foto-Session der ganz besonderen Art "hingelegt" und erst nachdem Frau Fernschreiberin ein zufriedenstellendes Ergebnis "im Kasten" hat, geht es gegen halb vier Uhr weiter Richtung Göteborg. Später erfolgt der Logeintrag im Internet:
supertwinnies found Landskapsblommor, syd
Sunday, 31 July 2016 Halland, Sweden NE 668.8 km from your home location
This Hårginst we saw at our holiday in Sweden near Kungsbacka at Tjohölms Castle/Halland.
We didn't know so far that each province in Sweden has its own
"Landkapsblommor"🌼🌸...
Thanks for this nice idea and rarely Virtual and greetings from Soest/Germany.
supertwinnies
Knapp eine Stunde später, kurz vor halb fünf Uhr, erreichen wir den Campingplatz "Liseberg" am Askim-Strand, der schon zum Großraum Göteborg gehört. An der Rezeption lassen wir uns den Busfahrplan zur etwa drei Kilometer entfernten Innenstadt von Göteborg geben und können gerade noch das Womo auf dem Stellplatz abstellen und die Markise herausdrehen, als ein gewaltiger Regenschauer vom Himmel stürzt und binnen kürzester Zeit die Plätze unter Wasser setzt. Glück gehabt, dass wir für heute unser Tagesziel erreicht haben und nicht mehr fahren brauchen!
Allerdings müssen die Fernschreiber-Junior-Mädels dennoch dem ein oder anderen Regentropfen trotzen, denn ein kleinerer, deutscher Junge vom Nachbarplatz hat uns entdeckt und möchte unbedingt mit den beiden Fußball spielen, wozu sie sich denn auch "breitschlagen" lassen, bis es dann aber wieder stärker anfängt zu regnen und wir uns jeweils in unsere Womos verkrümeln.
Angesichts des Wetters meint Herr Fernschreiber, den Lachs, den wir am Vortag eingekauft haben, im Womo zubereiten zu müssen, was natürlich zur Folge hat, dass für Stunden, wenn nicht Tage ein Geruch wie in einer Fischauktionshalle durchs Womo wabert, trotz intensiver Lüftung. War keine ganz so gute Idee, aber der Fisch schmeckt echt lecker...
...was allerdings Frau Fernscheiberin nicht beurteilen kann, da sie schon vor dem Abendessen merkt, dass irgendetwas mit ihrem Magen und Darm nicht stimmt, wohlweislich auf den Fisch verzichtet und erst mal gar nichts isst. Glücklicherweise befindet sich das Waschhaus direkt gegenüber dem Stellplatz, und im Laufe des Abends wird sich regelrecht eine Spur durchs Gras des Platzes bis zum Waschhaus ziehen ob der vielen Toilettengänge, die sich nun anschließen... Na, das kann ja eine Nacht werden...